Endlich ist es soweit. Die Einfluggenehmigung für Tunesien ist da, bestes Flugwetter und ein Flugzeug bei dessen Ladekapazität jeder Cargojumbo neidisch wird.
Um 12 Uhr schiebt Robert in Mühldorf das Gas rein und um 13:30 Uhr setzt er sanft in Al Casale auf. Dazwischen liegt ein wunderschöner Flug über die Alpen.
Normalerweise ist dies schon für sich alleine ein Höhepunkt- diesmal ist es nur der Auftakt vieler weiterer Highlights. Wir wollen nach Tunesien!
Nachdem die Idee geboren war habe ich gegoogelt. Ich habe sehr viel gegoogelt – auch auf italienischen und französischen UL Seiten. Ich habe drei Berichte von Fliegern gefunden, die mit Echomaschinen nach Tunesien geflogen sind. Keinen einzigen Bericht von UL-Fliegern. „OK“ dachte ich, „dann muss ich eben selbst aktiv werden“. Ich arbeite mich durch das sehr gute Tunesische AIP. Leider kann ich da nicht rauslesen ob ein UL eine Einreisegenehmigung benötigt oder nicht. Ich schreibe eine Mail an die Adresse die im AIP steht. Einen Tag später ist die Antwort da. Mir wird eine Mailadresse mitgeteilt an die ich mich wenden soll. Ich schicke sofort eine Mail dorthin und warte …. und noch eine Mail und warte … dies mache ich viermal und dann erinnere ich mich an unsere marokkanischen Erfahrungen. Auch da kam nie eine Antwort. Ich wende mich an eine Agentur, die FSI und siehe da, nach knappen 1,5 Monaten ist die Genehmigung, 2 Tage vor dem geplanten Abflug, da.
Und nun haben wir schon die erste Etappe hinter uns. In Al Casale steht eine Maschine mit „Inhalt“. Einer der Insassen ist mein Fluglehrerkollege Paul aus Landshut, der oft in Mühldorf schult. Ich steige aus, sage aber nichts. Paul und Robert die sich nicht kennen unterhalten sich. Ich sage brav „hallo“ und warte. Paul erkennt mich nicht. Zu seiner Entschuldigung muss man sagen, dass ich eine große Brille auf habe. Nach ein paar Minuten oute ich mich. Die Freude ist groß und Paul und sein Flugschüler Martin steigen wieder aus. Wir lassen uns dann zu viert die Wurst- und Käseplatten von Sandro schmecken.
Mit vollgefressenem Bauch geht es weiter. Zum Glück ist unsere CT als VLA gebaut und hebt trotz dem Zusatzgewicht unseres Mittagessens locker ab. Das Ziel für die Nacht ist Castel del Monte. Ein Agritourismo zwischen Pescara und Brindisi – und ein Tip von Sandro.
Wir fliegen bis Ancona an der Küste entlang.
Dann möchte Robert zum Katastrophensightseeing. Er weißt dies natürlich weit von sich und murmelt etwas von „großer Naturschönheit“, „traumhafte Berge“ u.s.w. vor sich hin. Außerdem macht er mich mal wieder darauf aufmerksam, dass er Fotograf ist und es seine Aufgabe ist tolle Bilder zu machen. Wie auch immer – er möchte ins Gran Sasso Massiv und über Castelluccio fliegen. Castelluccio das Gleitschirm – und Drachenflieger Paradies das durch das letzte Erdbeben im Oktober leider nahezu zerstört wurde. Einziger Trost ist, dass es dort keine Verletzten oder gar Tote gab. Der Ort, wie ihn tausende von Gleitschirmfliegern kennen und lieben existiert so nicht mehr.
Ich drehe ab ins Hinterland Richtung Berge. Robert und ich haben ausgemacht, dass wir uns tageweise mit dem fliegen abwechseln. An seinen Flugtagen sieht dies folgendermaßen aus: Er startet und landet. Der Rest ist meine Aufgabe. Er ist ja schließlich nicht zum Spaß sondern zum arbeiten hier. Seine Aufgabe: tolle Bilder machen. Falls sich jetzt jemand über die Bilder im Blog wundert – keine Angst – die sind nicht von Robert. Es sind meine unprofesionell aufgenommenen Handybilder.
Ich blicke zum Gran Sasso. Was ich sehe gefällt mir gar nicht. Alles ist in dunkle Wolken gehüllt. Es sieht aus als ob es regnet. Ich überlege wie ich es Robert schonend beibringe, dass es heute nichts wird mit Castelluccio da sagt er schon: „Typisches Gran Sasso Wetter, das geht heute nicht“. Ich atme auf. Rober schaut sich das Wetter-Radar an und sieht, dass in der Region Gewitter sind. Wir beschließen, dass wir weiter Richtung Rom fliegen. Ein bisschen Gleitschirmbergfeeling haben wir dann doch noch. Wir kommen am Monte Cucco vorbei.
Dank der Microlightrouten kann man hervorragend durch die römischen Kontrollzonen fliegen ohne mit jemanden sprechen zu müssen. Das Wetter ist nun auch hier nicht mehr so toll und langsam werde ich auch müde. Vor uns liegt der Aeroporto Aquino. Er ist in unserer Navigation als Airfield ohne besondere Bestimmungen verzeichnet. Wir beschließen hier zu landen. Eine schöne lange Grasbahn liegt vor uns. Robert rollt zu dem Hangar. Wir steigen aus und schauen ob jemand da ist. Hangar ist da, Toiletten sind da und geöffnet aber kein Mensch. Nun ja, es ist Montag und inzwischen auch schon ganz schön spät. Wir machen die Maschine für die Nacht fertig, klettern über den Zaun und maschieren in die ca. 1 km entfernte Stadt.
Wir haben im Internet ein kleines Bed and Breakfast gesehen und dies ist unser Ziel. Dort angekommen stelle ich fest, dass ich meinen Pass und Geldbeutel im Flieger vergessen habe. Andrea, der sehr nette Besitzer des B&B fährt uns zurück. Am Flugplatz werden wir empfangen – von einem tobenden „Nachtwächter“. Er macht uns klar, dass dies ein Militärplatz ist und im übrigen geschlossen. Hier darf man nicht landen und wir haben morgen um 7 Uhr zu verschwinden. So … nun wissen wir auch das und 7 Uhr ist gar nicht schlecht, dann haben wir morgen noch etwas vom Tag.